Mein Reisejubiläum
Schnarchverbot
26.01.2013 - 27.01.2013
20 °C
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RTW Reloaded 2011-2013
auf Tom Travel's Reise-Karte.
Seit ich alleine reise buche ich meist die einfache Schlafsaal-Kategorie. Hier heißt das "dormitorio". Das sind dann 4-6 Betten in einem Raum mit gemeinsamen Bad. Das hat was von Berghütte oder Landschulheim. Man lernt auf diese Weise allerdings sehr schnell die Mitreisenden kennen.
Bisher hatte ich immer Glück, es war nie ein Schnarcher dabei. Meeresbrandung, Verkehrslärm, Züge, klappernde WalMart Einkaufswagen - das macht mir alles nichts beim Schlafen. Wenn aber einer in meiner Nähe schnarcht, dann ist es aus mit der Nachtruhe. Da bin ich sehr empfindlich - da hört der Spaß auf. (Vielleicht liest ein ehemaliger BT-Kollege diese Zeilen - er wird sich erinnern.)
So schön wie das Lautaro ist, vor zwei Nächten ist Michel aus Frankreich in meinem Dorm eingezogen. Etwas älter und nicht der Schlankste und - was abzusehen war - ein Schnarcher. Daher bin ich gar nicht so traurig als ich für eine Nacht das Hostel wechseln muss, weil im Lautaro alles ausgebucht ist. Wieder eine Nacht Ruhe zu bekommen ist verlockend. Von den ca. 50 Hostels hier in Calafate suche ich mir ein nahegelegenes aus. Dort haben sie 20 dormitorios zu je 6 Betten und in meinem Zimmer ist laut Chefin nur ein weiterer Gast. Prima! Ich lege mein Zeug hin und gehe zum Flamingo Reservat nebenan.
Das liegt wieder mal am Lago Argentino, so richtig Lust zum Baden bekommt man aber nicht. Sieht kalt aus und ist kalt.
Danach gehe ins Dorf zum Essen und auf 1-2 Bier. Als ich zurück komme ist es dunkel und mein Zimmergenosse schläft schon. Rücksichtsvoll wie ich nunmal bin mache ich kein Licht an und lege mich ins andere Bett. Es dauert keine 5 Minuten da geht die Sägerei los. Verdammt, nicht schon wieder! Nur einer mit im Zimmer und das reicht um mir den Schlaf zu rauben. Ich krame im Dunkeln nach den Oropax - die helfen auch nicht wirklich. Es fühlt sich an als ob der ganze Raum vibriert.
Zwischendurch schlafe ich immer mal kurz und wache dann wieder vom Geschnarche auf. Was eine üble Nacht. Ich bin froh als es endlich hell wird und schaue zu meinem Zimmerpartner. Das darf doch nicht wahr sein! Von all den Hostels im Ort, mit all den Zimmern...wer liegt neben mir? Michel, der Franzose! Er grüßt mich freundlich und ausgeschlafen. Klar, ihn hat ja keiner gestört. Mir reicht's, ich mache dass ich weg komme, bevor ich noch etwas sage dass die deutsch-französische Freundschaft stören könnte.
Ich bin ab sofort für ein Schnarchverbot in öffentlichen Bereichen, so wie beim Rauchen auch. Ich habe ein Recht auf eine Schnarch-freie Umgebung! Gibt es eigentlich Untersuchungen bezüglich der Gesundheitsgefährdung durch Passiv-Schnarchen? Wohl eher nicht. Gefährdet ist eher der Schnarcher, von seinem Bettnachbarn mit dem Kissen erstickt zu werden oder etwas auf den Kopf zu bekommen.
Auf dem Weg zum alten Hostel schau ich immer mal um und sehe ob er hinter mir her kommt. Im Lautaro angekommen erfahre ich dass sie nun wieder völlig ausgebucht sind. Keine Gefahr also dass er nach mir noch einchecken kann. Gottseidank. In meinem Zimmer sind heute nur junge, schlanke Reisende - bestens! Diese Nacht wird wieder ruhig.
Zur Zeit sind nirgends Ferien und so ist es eine sehr bunte Mischung an Leuten unterwegs. Neben vielen sehr jungen Leuten so 18-25 auch ein Paar aus Deutschland mit 4-Monate Baby, ein Paar aus Italien mit 2 Vorschulkindern. Woher nehmen Erstere das Geld und die mit-Kindern-Reisenden die Nerven?
Dann wären da noch drei französische Krankenschwestern (2 davon männlich - sagt man da dann Krankenbruder?) die 2000km mit dem Fahrrad von Mittel-Chile quer über die Anden bis hier runter gefahren sind und eine Engländerin die sich vorgenommen hat bis zum 30. auf allen 6 Kontinenten gecampt zu haben. Nächste Woche geht sie auf eine Tour zur antarktischen Halbinsel - ihr Ziel wird sie somit locker schaffen. Sie ist überhaupt ein ziemlich aussergewöhnlicher Typ Reisender. Monatelang allein als Frau durch Afrika, in Mozambique schwer an Malaria erkrankt. Wenn ich das alles so höre komme ich mir direkt langweilig vor.
Am nächsten Morgen fahre ich weiter nach Puerto Natales.
Nur 6 Stunden mit dem Bus. Man könnte es auch in 5 schaffen, wenn die Grenze nicht wäre. Der Grenzübergang nach Chile ist für mich ein kleines Jubiläum, mein 50. Reiseland. Die Chilenen nehmen es sehr genau mit der Einfuhr von Obst, Gemüse und Tierprodukten. Nichts davon darf ins Land. Es beginnt eine Fressorgie vor dem Zollhaus. Für einige Reisenden kommt das überraschend. Sie versuchen so viel wie möglich von ihren Vorräte aufzuessen bevor sie konfisziert werden.
Die Fahrt an die Grenze war fad. Sie wäre noch fader gäbe es nicht Felder voll blühender Margeriten, Kamille und Lupinen.
Alle drei eingeschleppt aus dem Norden. Ohne die Blüten wäre es nur grau-grüne Steppe und grau-braune Hügel. Die beiden Blumenbilder unten sind aus dem Flamingo Reservat - so sah die Strecke nicht aus.
Puerto Natales ist ein verschlafener Hafenort, erst recht heute am Sonntag. Eigentlich wäre wieder Rasiertag, aber ich setze das Experiment Vollbart fort - es sieht mich ja keiner der mich kennt.
Kein Tourist würde sich hierher verlaufen, gäbe es nicht ähnlich wie in El Calafate etwas in der Nähe von dem es sich lohnt es anzusehen. Was dort der Gletscher ist hier das Torres del Paine Bergmassiv mit seinen imposanten Gipfeln. Ambitionierte Wanderer finden hier mehrtägige Touren, allerdings nur mit eigenem Zelt, Verpflegung und Schlafsack. Kann man alles hier im Ort leihen.
Das Wasser hier ist tatsächlich der Pazifik.
Jedes Haus das nicht irgendwie mit Tourismus zu tun hat sieht jämmerlich aus. Hauchdünne Einfachverglasung, die Einheimischen sind im Winter nicht zu beneiden.
Das Kulturzentrum, die Kirche, eine Reisebüro - das sind die Gebäude die noch am besten aussehen.
Die Slowly Bar - stellvertretende für das hiesige Nachtleben
Der Hund läuft etwas seltsam, aber ich kann bezeugen - er kam nicht aus der Bar.
Eingestellt von Tom Travel 14:12 Archiviert in Chile Kommentare (4)