Das Wetter am zweiten Tag in Austin ist schön warm, aber bei uns ist nix los. Es gibt hier heiße Quellen und einen wunderschönen natürlichen Pool im Zilker Park zu Fuß erreichbar. Das Internet hat alle fest in Griff. Wir kommen nicht los. Als wir uns endlich aufraffen Schwimmen zu gehen stellen wir fest, dass Donnerstags geschlossen ist.
määp! Nicht schlimm, wir haben etwas für den Abend geplant: Live Musik. Gestern haben sie um 21:00 Uhr aufgehört zu spielen, heute spielen sie bis 23 Uhr. Erst mal Essen gehen. Keine gute Idee, es hat allen nicht geschmeckt.
Dann zur Live Musik im Garten nebenan. Zweites määäp: Heute kostet es 10$ Eintritt pro Person und die Musik hört sich auch nicht so doll an. In Downtown Austin gäbe es Einiges zu sehen, aber das ist mit Moby ein Problem. Der braucht immer zwei Parkplätze und Thomas ist froh wenn er abends nicht fahren muss. Zweites Problem: Sarah ist noch süße 17 und wir wissen wie streng die Amis sind. Klubs erst ab 21, ab 18 Eintritt nur erlaubt wenn Essen serviert wird. Ob Erwachsene dabei sind, spielt keine Rolle. Mit ihr kommen wir nirgends rein.
Wir gehen zum nächsten Laden um die Ecke. Hat auch Live Musik. Eine 1-Mann-Gitarrenshow - ziemlich gut. Der Schuppen serviert nur teuren Wein, sogar deutschen Glühwein. Benny und Sarah trinken keinen Wein, dürften auch nicht wenn sie wollten. Uns ist es zu teuer. Wir gehen zurück zum Campingplatz, quatschen und genießen der letzten warmen Abend. Für morgen ist eine Kaltfront angesagt. Es wird kalt - saukalt! Ihr kennt uns und wisst, dass wir schon unter 16° meckern. Kommt uns ja nicht mit "Gestern hat es in Deutschlands geschneit." Das wissen wir. Aber wir sind in Texas. Hier ist es doch immer warm oder nicht? määäp!
Am nächsten Tag ziehen wir alle unsere warmen Sachen an und fahren in den Austin Zoo. Der ist eher eine Tierauffangstation. Klein, aber sehr süß mit vielen Tieren die wir bisher noch nicht gesehen haben. Die Tiere sind häufig aus Privathaushalten. In Texas ist alles größer, anscheinend auch Hauskatzen.
Die nette Hamburgerin Inka, die dort arbeitet, erzählt: Ein Texaner hatte einen Löwen in seinem Autohaus. Der lief abends frei herum - quasi als Wachhund und passte auf die Autos auf. Jetzt verstehe ich warum an jeder Ecke hier steht: "don't mess with Texas!". Ich stelle mir das Gesicht des Einbrechers vor, der im Autohaus als Letztes den Löwen sieht, kurz bevor er zu Whiskas wird.
Aber nicht nur 2 Löwenpaare findet man hier auch Tiger, Schwarzbären, süße Äffchen, viele Rehe und gefräßige Ziegen

Es hat sich gelohnt, aber es war uns und auch vielen Tieren zu kalt. Wir sind nur schnell durchmarschiert. Auch die schöne Halloweendekoration konnte uns nicht aufhalten. Das Volk will jetzt Heizung. Ab nach Dallas


Benny erzählt mir seit Tagen von Chipotle, da müssen wir Essen gehen. Einer liegt in Waco auf den Weg nach Dallas. Vorher wollten wir noch schnell Einkaufen. Unser Navi führt uns zu einer 20m2 Bude und behauptet das sei der WalMart. Manchmal denkt sich unser Navi Ziele aus oder meidet plötzlich Autobahnen. Gelegentlich befiehlt er uns auf der Autobahn zu wenden. Irgendwie hat er Charakter, wir sollten ihm auch einen Namen geben.
Wir sind etwas genervt, haben Hunger und steuern direkt Chipotle an. Kaum angehalten, sagt Thomas wir haben ein Platten. Scherzkeks! Nee, kein Scherz. Es ist Freitag Abend kurz vor 18 Uhr und wir haben hinten ein Platten - schon wieder!
Alles einsteigen, vielleicht finden wir noch eine Reifenwerkstatt. Wir finden sogar zwei, aber - määäp! - keiner kann unseren Moby hochheben. Solche Wagenheber haben sie nicht. Beide weigern sich Hand anzulegen. Eine Werkstatt ist so nett und leiht Thomas Wekzeug. Er macht es selbst. Die Mechaniker schauen zu und schütteln ungläubig mit dem Kopf. Thomas hat es sich in den Kopf gesetzt den Reifen auch ohne Wagenheber zu wechseln. (Das geht allerdings nur wenn man Zwillingsreifen hat und der äußere kaputt ist.) Eine halbe Stunde später sind wir wieder flott.


Anstatt den ADAC solltet ihr vielleicht auch nächstes Mal einen Tierarzt rufen. Glück im Unglück hätten wir auch wieder, denn hätten wir hier nicht zum Essen angehalten, hätten wir den Platten auf der Autobahn gehabt. Ohne Pannenhilfeversicherung wäre das mit Abschleppen eine saftige Rechnung geworden.
Abends an einer Raststätte fällt uns ein, dass wir unseren Ballon noch nicht haben steigen lassen. Den habe ich mit Sarah zusammen gekauft, also versuchen wir es jetzt. Die Nacht ist sternenklar, saukalt aber leider auch sehr windig.

Der Ballon füllt sich mit heißer Luft, fliegt aber nur in den nächsten Baum. Kurz reisst er sich los. Wir jubeln alle "Juchuu" und müssen zusehen zu wie er in den nächsten Baum geweht wid. Da bleibt er dann endgültig hängen.
määäp!
Reiseweisheit Nr. 19: Ballons nicht bei Wind oder in der Nähe von Bäumen steigen lassen.
Wie es richtig gemacht wird könnt ihr hier schauen, auf unserer alten Reise.
Dann wird eben gezockt. Thomas bringt den Kids weitere bayrische Kartenspiele bei. Eselstreiben und natürlich das Blupp-Blupp-Spiel - Feuerklauben. Es wird soo kalt. Benny hatte sich vor einigen Tagen eine Decke gekauft, seitdem war es nachts auch ohne Decke warm. Jetzt kommt sie doch noch zum Einsatz. Und auch die Heizung läuft in der Nacht. Das Volk friert trotzdem.
Am nächsten Tag wollen wir zu Six Flags das ist DER Freizeitpark in Texas. Es ist so kalt, uns fällt das Aufstehen schwer. Wir fahren noch eine Stunde bis zum Park, Sarah und Benny schlafen weiter oben im Penthouse. Parken sollte 28$ kosten. Thomas diskutiert mit der Parkwachtel und meint er will nicht den Parkplatz kaufen, sondern nur für 1 Tag mieten. Er bekommt den Standplatz für18$ - immer noch Wucher! Wir parken neben der Schlangenachterbahn in Deutschlandfarben.

Jetzt kurz vor Halloween ist der Park schön geschmückt. Es gibt Zusatzattraktionen, die kosten alle extra. Bei 60$ Eintritt pro Person finde ich das unverschämt. Die Leute strömen trotzdem rein. Es wird schnell voll, deswegen erkundige ich mich was der Speed Pass (um nicht zu lange an den Attraktionen anzustehen) zusätzlich kosten würde. Für uns alle 4 wäre es noch weitere 190$. Das finden wir zuviel. Vielleicht werden die Warteschlangen auch nicht so lang.
Wir fangen mit der Deutschlandschlange an. määäp! Blöde Idee! Nach fast eineinhalb Stunden sind wir endlich vorne. 1,5 Stunden anstehen für eine mittlere Attraktion? Wir haben das ohne Wifi oder Angry Birds gemeistert. Als zusätzliche Folter zeigen die Parkbetreiber eine aufgetakelte Kiddieband auf den Bildschirmen über der Warteschlange. Die ruinieren schöne Songs indem sie sie nachspielen und dazu herumzappeln. Zwischendurch gibt es Werbung für Kräcker. Wenn wir etwas vorschlagen dürften: Ein Kulturprogramm für Amerikaner. Zum Beispiel könnte man zeigen wo eigentlich Europa liegt, denn einige denken sicher das ist wie Atlantis bei der letzten Sintflut untergegangen.
Gaaanz ruhig! Wir sind ja schon die Übernächsten. Ihr könnte euch denken was jetzt kommt? Niemals! Ein Gast hat um den Teenie-Song-Irsinn zu überleben zu viele Kräcker gegessen. Danach hat er gezeigt was er davon hält. Verständlicherweise wurde ihm schlecht und er hat sich übergeben. Nee ne? DOCH!
Jetzt wird es kritisch, eine Wagen und die Plattform sind kontaminiert. Leichte Panik macht unter den Mitarbeitern breit. Was tun? Am besten erst mal eine Durchsage. Alle müssen aussteigen, die Bahn wird evakuiert. Die Begeisterung bei den nun-erstmal-nicht-Fahrgästen hält sich in Grenzen.
Die 6 Mitarbeiter bilden einen Krisenstab, stehen im Kreis. Jetzt wir das Ganze erstmal besprochen. Was tun? Nach weiteren 5 min entscheidet man sich für eine weitere Durchsage. Dann hat einer eine Idee, alle nicken. Alle ziehen sich blaue Einmalhandschuhe an. Derart gerüstet könnte es losgehen. Ja womit denn?
Auftritt 4 Besen, ein Sack Katzenstreu und eine Rolle riesige Mülltüten (Thomas witzelt: Ganzkörperkondome)
Das Gute an unsere Position: wir können alles genau verfolgen. Das Schlechte wir standen im Schatten und es wurde trotz Jacken und Pullovern immer kälter. Thomas spürt vor Kälte seine Zehen nicht mehr und ich habe schon Eiszapfen an der Nase.
Ihr kennt Herr der Ringe? Die Stelle an der die Bäume ihre Köpfe zusammen stecken und überlegen ob die Hobbits keine Orks sind? Das war Ultrageschwindigkeit gegen die Six Flags Mitarbeiter. Es kommt eine dritte Durchsage. 15 Minuten sind vergangen, bisher hat noch keiner etwas gegen die Kotze unternommen. Wie lange kann das doch dauern? Gleich benutzt einer den Besen, einen Eimer und ist gut oder? määp!
Einer hat wohl das Handbuch für solche Fälle gefunden und liest nun was zu tun ist. Zwei der Mitarbeiter ziehen zusätzlich zu den Handschuhen noch eine Schutzbrille an. Da die ausgegangen sind zieht sich der dritte eine Sonnenbrille an. Die hat heute scheinbar das Los getroffen, sie müssen wohl ganz nah ran an das hochkontagiöse Material. Der Katzensand wird langsam über die feuchten Stellen gestreut, man kann die einzelnen Sandkörner fallen sehen. In Zeitlupentempo bewegt sich anschließend der Besen und schiebt das Material auf die Schaufel. Nur nichts von dem bösen Staub aufwirbeln. Erinnert an die Bilder die man aus dem Inneren von Tschernobyl von den Aufräumarbeiten gesehen hat. Wenn gleich das Bombenräumkommando gerufen wird, gehen wir auch in Deckung.

Sarah und Benny beißen sich ins Knie. Sie können das ganze nicht mit ihren Freuden auf Facebook teilen. Das würden wir auch am liebsten tun, wenn wir nicht festgefroren wären, würden wir uns warscheinlich auf den Boden schmeißen vor Lachen.

Ich kürze hier ab. Nach einer guten halben Stunde ist viel Sand, Papier und 6 Paar Handschuhe in den riesiegen Beuteln verstaut. Ein Mitarbeiter trägt sie auf Armeslänge vom Körper entfernt vor sich her Richtung Ausgang. Man könnte meinen seine gefährliche Ladung könnte jederzeit explodieren.
Die Gefahr ist gebannt, wir dürfen einsteigen. Jubel! Die kurze Fahrt war es nicht wert, wir haben uns umsonst Gefrierbrand auf der Nase geholt. Insgesamt haben wir über 2,5 Stunden gewartet.
Das ist nichts, die Hauptattraktion hat eine Wartezeit von 3 Stunden!


Die richtig tollen Achterbahnen lassen wir daher aus.
Reiseweisheit Nr. 20 :Wenn Freizeitpark, dann gib das Geld für den Speedpass aus oder lass es ganz sein.
Leider kommt uns diese Erkenntnis zu spät. Ein Texaner mit Jahreskarte meinte noch: "So voll war der Park noch nie" So ein Glück!
Sarah und Benny hatten trotzdem Spaß und haben ihren ersten Looping hinter sich. Sarah ist dabei der Kaugummi aus dem Mund gefallen, Benny wurde zum Frankenstein.


(Looping gibt's halt nicht auf Facebook sondern nur in RL!
) Wir fahren noch eine Achterbahn im Sonnenuntergang, danach wird es einfach zu kalt.


Die Nacht verbringen wir beim WalMart direkt neben dem Footballstadion der Dallas Cowboys. Am nächsten morgen ist die Hölle los, der Parkplatz voller Cowboys-Fans. Sie spielen heute gegen den Titelverteidiger aus New York, aber ich sehe nur Anhänger der Cowboys.
Sarah und Benny müssen bald wieder die Schulbank drücken und verlassen uns wieder. In den 10 Tagen sind wir 1500km zu viert gefahren und haben nicht mal ein Fünftel von Texas gesehen. Es ist ein verdammt großer Bundesstaat. Traurig verlassen die zwei Moby, uns fällt der Abschied wieder schwer.
